der Stadtverordneten Brigitte Forßbohm in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 20. Mai 2021 zur TOI-TOP8: „Bezahlbaren Wohnraum schaffen“.
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Gäste,
Wiesbaden schien bisher seiner wilhelminischen Tradition treu geblieben und das zu machen, was die damaligen Stadtväter schon für richtig hielten: Sie ließ Villen und Wohnungen bauen – in erster Linie für zahlungskräftige Neubürger*innen. 70% bis 80 % der in den letzten Jahren neu gebauten Wohnungen sind für Normalverdiener*innen unerschwinglich. Die stellen aber die größte Gruppe der Wohnungssuchenden in Wiesbaden dar. Dem wirklichen Bedarf an Wohnungen wurde jedenfalls nicht entsprochen! Es gibt einen Unterschied zwischen Bedarf und Nachfrage: Nachfrage setzt eine Klientel voraus, die Angebote auch bezahlen kann. Bedarf besteht aber auch da, wo die Mittel begrenzt sind. Aufgabe der städtischen Wohnungspolitik ist es im Sinne der Daseinsvorsorge, sich um den Bedarf zu kümmern und nicht, die Nachfrage an teuren Wohnungen zu bedienen und dem wird der vorliegende Antrag gerecht.
Bisher haben die weniger zahlungskräftigen Wiesbadener*innen das Nachsehen auf einem Wohnungsmarkt, der von heftig steigenden Immobilienpreisen und Mieten gekennzeichnet ist, der Investoren aber gute Anlagemöglichkeiten hohe Gewinne verspricht.
Für die über 3000 Wohnungsgesuche und die 1000 Dringlichkeitsfälle muss hier und heute was getan werden! Dieses drängende Wohnungsproblem kann nicht in die Jahre 2030 + verschoben werden.
Es stellt sich Frage, was kann die Stadt tun, um die Wohnungssituation für die 40% der Wiesbadener*innen, die ein Anrecht auf eine geförderte Wohnung haben, zu verbessern? Steigende Grundstückspreise und Baupreise machen die Aufgabe nicht einfacher. Sie hat aber die Aufgabe, auch unter diesen Bedingungen einen Rahmen für den geförderten Wohnungsbau schaffen.
Die neue Richtlinie des Landes Hessen zur sozialen Mietwohnraumförderung und die entsprechende Richtlinie der Stadt Wiesbaden, bieten eine bessere finanzielle Unterstützung bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Das vorliegende Konzept zeigt neue Möglichkeiten für den sozialen Wohnungsbau. Dies betrifft sowohl die Verlängerung von Belegungsrechten, als auch den Neubau von Sozialwohnungen oder die Sanierung im Bestand. Dabei muss klar sein: Die vom Land bereitgestellten Fördermittel dienen auch privaten Investoren, in deren vollständigen Besitz großzügig mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen nach spätestens 25 Jahren übergehen. Deshalb liegt es im Interesse der LH Wiesbaden, die Fördermittel vor allem bei den städtischen Wohnbaugesellschaften einzusetzen, weil sie in diesem Fall städtisches Wohneigentum dauerhaft erweitern und sichern können. Gleiches gilt auch für die Verlängerung und den Ankauf von Belegungsrechten.
Eine weitere Konsequenz aus diesem Sachverhalt ist es, dass Grundstücke in öffentlichem Eigentum verbleiben und im Interesse der eigenen Bürger*innen eingesetzt werden sollten. Sie sollen nicht mehr verkauft, sondern in Erbpacht vergeben werden. Nur so können die eingesetzten Fördermittel zu einer dauerhaften Verbesserung der Situation auf dem Wohnungsmarkt beitragen.
Der vorliegende Antrag von Grünen, SPD, der Linken und Volt trägt all dem Rechnung. Ich freue mich sehr über diesen Antrag, der viele Punkte enthält, die in einem Antrag der LINKEN stehen, der in der letzten Wahlperiode über ein Dreivierteljahr geschoben wurde und auch in der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nicht mehr dran kam. Aber darüber sind wir nicht mehr traurig. Der vorliegende Antrag ist besser: Er ist detaillierter, juristisch abgesichert und es sind die Vorstellungen der Antragsteller eingegangen. Gemeinsam Anträge schreiben kann besser sein als allein, unser Anliegen sehen wir bestens aufgehoben.
Ich bitte um Zustimmung, denn dieser Antrag wird die Wohnverhältnisse in unserer Stadt für viele dauerhaft Menschen verbessern!