Redebeitrag der Stadtverordneten Brigitte Forßbohm in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 15. Juli 2021 zur TOI-TOP6: „Teilhabe ermöglichen: Freier Eintritt ins Schwimmbad für Kinder und Jugendliche“.
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Gäste,
mit dem vorliegenden Antrag hat diese Stadtverordnetenversammlung die Möglichkeit, einen Meilenstein in der Politik in Bezug auf Freizeit und Sport, aber auch auf Gesundheit und Teilhabe zu beschließen, und zwar für einen Teil der Bevölkerung, der unserer besonderen Aufmerksamkeit und Unterstützung bedarf: Für Kinder und Jugendliche.
Ich muss nicht erwähnen, dass gerade Kinder und Jugendliche in besonderer Weise unter der Pandemie leiden, unter besonderer gesundheitlicher und psychischer Belastung stehen. Gerade im Jugendalter sind Sport, Bewegung, Kontakt und Austausch mit Gleichaltrigen ein wichtiger Faktor der Persönlichkeitsentwicklung. Unsere Kinder und Jugendlichen mussten herben Verzicht leisten und sie haben es ohne Murren getan.
Laut DLRG gab es knapp 70 Prozent weniger Seepferdchen als erstes Schwimmabzeichen während der Pandemie. Das sind Kinder, die 2020 nicht gelernt haben, sicher zu schwimmen - bei einem gleichzeitigen Anstieg von tödlichen Badeunfällen.
Jetzt hat die Stadtgesellschaft Gelegenheit, etwas zurückgeben, einen gewissen Ausgleich für die erlittenen Entbehrungen zu leisten, indem sie in den Sommerferien den kostenlosen Besuch aller Schwimmbäder der Landeshauptstadt Wiesbaden, der Skatehalle der Kreativfabrik und des Angebots von Schloss Freudenberg gewährt.
Da die Belastungen, unter denen unsere Kinder und Jugendlichen stehen, bis 2022 nicht ausgeglichen sein werden, sondern eher dauerhafte Folgen zu erwarten sind, wollen wir, dass ab dem 01.01.2022 Kindern und Jugendlichen ganzjährig freien Eintritt in die Schwimmbäder der Landeshauptstadt Wiesbaden gewährt wird.
Wir wollen die Schwelle zur Teilhabe bewusst niedrig halten und wir wollen keine Schamgrenzen und keine Bittsteller. Und wir wollen dies ausdrücklich für Jugendliche bis 18 Jahre, denn die gehören unbedingt zu denen, die im Zusammenhang mit der Pandemie im Interesse aller Verzicht leisten mussten.
Ein weiterer Grund ist die 2020 in Kraft getretene Gebührenordnung, die gerade Kinder und Jugendliche und damit auch deren Eltern besonders belastet. Ich rufe in Erinnerung, die eine oder andere mag das schon wieder vergessen haben: Auch für Kinder wird sich, wenn wir es nicht heute anders beschließen, der reguläre Eintritt ab 2022 auf 2,50 Euro erhöhen. Schüler*innen, Studierende und Behinderte sollen ab 2022 mit 4 Euro fast das Dreifache wie vor der Pandemie bezahlen. Um in den Genuss eines Rabatts von 20% wie bei der bis 2020 geltenden Fünferkarte zu kommen, müssten nun 100 Euro hingeblättert werden. Für Jugendliche ein weiß Gott unattraktives Angebot. Für Bezieher*innen von Transferleistungen gibt es bisher keine Ermäßigungen. Viele Jugendliche müssen Ferienjobs annehmen, um sich Urlaubs- und Freizeitaktivitäten leisten zu können. Dabei muss Unterrichtsstoff nachgeholt werden. Ein paar kostenlose Freizeitaktivitäten wären hier doch eine spürbare und wie ich meine – verdiente! – Erleichterung.
Gefragt nach ihren Wünschen an die Stadtpolitik zur Kommunalwahl 2021 äußerten viele Jugendliche den Wunsch nach freiem Eintritt in die Schwimmbäder. Gerade für Familien mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten wäre dies ein Anreiz, mehr Freizeit im Schwimmbad zu verbringen und so zu einer größeren Auslastung der Einrichtungen beizutragen.
So könnte für 50.000 Kinder und Jugendliche, die gesellschaftliche und sportliche Teilhabe ermöglicht werden, die sie unbedingt brauchen.
Mit freiem Zugang zu den Schwimmbädern wird das Schwimmen und das Schwimmen lernen gefördert. Damit würde auch die engagierte Arbeit der Wiesbadener Schwimmvereine unterstützt. Denn Schwimmkurse nützen wenig, wenn anschließend nicht ausreichend geschwommen wird.
Deshalb bitte ich die hier versammelten Mandatsträger*innen, geben Sie dem vorliegenden Antrag Ihre Stimme, geben Sie ein Zeichen an die Jugend in dieser Zeit eingeschränkter Lebensfreude!