Redebeitrag

des Stadtverordneten Ingo von Seemen in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 30. September 2021 zur TOII-TOP47: „Ausbau der Kinderbetreuung in Wiesbaden 48/90, zusätzliche Elementarplätze in der Kindertagesstätte Stauferland, Obermayr Krippe & Kindergarten gGmbH“

 

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrte Kolleg*innen,

liebe Wiesbadener*innen,

 

Die Vorlage 21-V-51-0013 trägt den irreführenden Titel „Ausbau der Kinderbetreuung in Wiesbaden“.

Allerdings soll hier eine private Kita mit 180.000 € versorgt werden, die einem prominenten Wiesbadener CDU-Mitglied gehört.

 

Es handelt sich hier keineswegs um einen „Ausbau“ der Kinderbetreuung. Die Kita besteht nämlich schon. Sie wird durch horrende Elternbeiträge finanziert. Während ein Kitaplatz in Wiesbaden für gewöhnlich 1.788 € pro Jahr kostet sind es in der privaten Obermayr Kita über 5.000 €. Nochmal: Es werden pro Jahr 180.000 € ausgegeben ohne das ein einziger Kita-Platz für die Wiesbadener*innen entsteht.

 

Einrichtungen wie die Obermayr Kita festigen die soziale Spaltung unserer Gesellschaft. Nur die wenigsten können sich die teuren Kitaplätze leisten.

 

Dafür bekommen die Kinder reicher Eltern dann auch Privilegien geboten. So ist die Kita Stauferland mehrsprachig aufgestellt. In jeder Gruppe seien spanische und englische Muttersprachler*innen. Die „Arbeitssprache“ der Preschool ist Englisch. 

 

Wir als LINKE lehnen diese Art der Privilegierung ab. Steuergelder die von Pflegekräften, Supermarktkassierer*innen und Kanalarbeiter*innen erarbeitet werden sollten nicht dafür verwendet werden Kindern reicher Eltern einen Vorteil gegenüber anderen Kindern zu ermöglichen.

 

In unseren Augen sind alle Kinder gleich viel Wert. Alle Kinder sollten die gleichen Startchancen ins Leben bekommen.

Doch dem ist nicht so. Kinder reicher Eltern werden auf viele Arten bevorzugt. Ihnen stehen von Beginn an mehr Ressourcen zur Verfügung, sie werden später in der Schule bei gleichen Leistungen bessere Noten bekommen, sie werden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Universität besuchen und später besser bezahlt werden. Sie werden weniger krank und länger leben als Kinder die keine reichen Eltern haben.

 

All diese Ungleichheit existiert bereits in Deutschland. Meine Fraktion sieht nicht ein wieso hier Steuergelder verwendet werden sollen um diese Ungleichheit zu fördern.

 

Ich spreche hier aus Erfahrung. Ich komme aus einem wohlhabenden Elternhaus. Meine Eltern waren auf der Obermayr, ich selbst auch. Die Ausbildung dort ist zweifelsfrei eine Gute. Aber wieso sollten diese Privilegien auch noch mit Steuergeldern zementiert werden? Vielmehr sollten wir das Geld verwenden um einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Daher fordern wir schon lange die Kostenfreiheit der Kitas, bessere Personalausstattung, kleinere Gruppen und vieles mehr.

Darin wäre unser Steuergeld deutlich besser angelegt als in Elitenförderung unter dem Deckmantel des Kita-Ausbaus. 

 

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2021-09-30-Kinderbetreuung-IvS
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