der Stadtverordneten Nina Schild in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 09. Februar 2023 zur TOI-TOP8: „Kontrollstelle illegale Beschäftigung“ - Antrag der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE. und Volt
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,
seit Anfang 2018 - mittlerweile 5 Jahre, ist illegale Beschäftigung bzw. Schwarzarbeit bereits Thema hier in der Stadtverordnetenversammlung. Ein noch viel größeres Thema ist es draußen: Für die Wirtschaft, für die Beschäftigten, für die Gewerkschaften und für die hier ansässigen kleinen, mittelständischen und auch größeren Unternehmerinnen und Unternehmer. Das haben wir zuletzt im Wirtschaftsausschuss am 07.03.2022 gehört bei einem Hearing zu diesem Thema, wo sich sämtliche Experten - egal aus welchem Bereich einig waren.
Ein Experte aus Köln, Markus Lachmann, der bei der dort schon lange eingeführten Kontrollstelle für Vergabe arbeitet, berichtete nicht nur, dass man es hier mit organisierten Kriminellen zu tun habe, die gezielt nach immer neuen Schwachstellen suchten, um die Behörden hinters Licht zu führen sondern auch, dass man dort so erfolgreich dagegen vorgehe, dass sich die Kontrollstelle durch die erhobenen Bußgelder selbst finanziert.
Der Vorsitzende des DGB Wiesbaden und andere Gewerkschaftsfunktionäre schilderten, wie groß die Problematik aus ihrer Sicht auch in Wiesbaden ist, vor allem auf Baustellen aber auch bei Reinigungsfirmen. Dumpinglöhne, unbezahlte Überstunden und andere ausbeuterische Arbeitsbedingungen seien dort aus ihrer Sicht an der Tagesordnung und über Sub- und Sub-Sub-Unternehmen werden Gesetze und Verträge umgangen.
In das gleiche Horn blies die Vertretung der Wiesbadener Unternehmen: Man würde sich schon gar nicht mehr auf Ausschreibungen der Stadt bewerben, das wäre verschwendete Zeit und somit Geld. Niemand der seine Beschäftigten fair und vor allem rechtmäßig beschäftigt, kann von solchen Vergaben profitieren.
Die anwesenden Mitglieder des Wirtschaftsausschusses mussten an diesem Tag hören, dass illegale Beschäftigung nicht, wie viele glauben, ein Hauptproblem der freien Wirtschaft ist. Im Gegenteil: Wie uns die Experten versichert haben, ist das Problem im öffentlichen Bereich sogar noch deutlich größer als in der Privatwirtschaft. Das ist ja auch kein Wunder: Anlasslose Prüfungen, ob die vertraglich vereinbarten Beschäftigungsbedingungen auch wirklich eingehalten werden, finden laut Antwort des Magistrats in Wiesbaden bisher nicht statt. Paradiesische Bedingungen für organisierte Kriminelle, schlechte für Beschäftigte, Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
Doch damit soll nun bald Schluss sein! Uns Linken ist dies ein Herzensthema: Faire Löhne, gute Beschäftigung und Schluss mit Ausbeutung zu Lasten von uns allen!
Gemeinsam mit Vertretern des DGB, Gewerkschaften und unseren Kooperationspartnern haben wir diesen Antrag zur Prüfung der Einrichtung einer Kontrollstelle gegen illegale Beschäftigung in Wiesbaden entwickelt, der in Zukunft dafür sorgen soll, dass Kriminellen im wahrsten Sinne des Wortes das Handwerk gelegt wird uns sich anständige Unternehmen und ihre Beschäftigten sich in Wiesbaden wieder wohl fühlen können.
Worauf haben wir dabei Wert gelegt? Wichtig ist uns, dass man in enger Abstimmung mit Kommunen aus Erfahrungen lernt. Positiv wie negativ. So soll es nicht laufen wie in Frankfurt, wo die dort eingerichtete Stelle nach einem Jahr Arbeit keinen einzigen Fall von illegaler Beschäftigung festgestellt haben will - was nicht nur aus Sicht von Gewerkschaften an mangelhafter Durchführung der Kontrollen lag. So wünschen wir uns ausdrücklich, dass die zukünftige Stelle ihre Kontrolle unangekündigt durchführt und wichtige Befugnisse erhält, wie z.B. die Berechtigung zur Kontrolle von Ausweisen der Arbeiterinnen und Arbeiter. Nicht nur soll kontrolliert werden ob die Beschäftigten ordentlich angemeldet sind sondern auch, ob die gesetzlich bzw. vertraglich geregelten Löhne und Arbeitszeiten eingehalten werden. Sollten dabei Verstöße festgestellt werden, muss dies zu empfindlichen Vertragsstrafen führen, denn Betrug darf sich nicht rechnen. Beginnen wollen wir dabei mit den größten Vergaben ab 50.000 Euro Auftragsvolumen.
Es handelt sich bei diesem Antrag um einen Meilenstein der Kooperation mit linker Handschrift, welcher der Wirtschaft, Beschäftigten und unserer ganzen Stadt sehr helfen wird. Ich freue mich sehr auf den heutigen Beschluss dieses Antrags und erwarte auch die Zustimmung der Opposition anhand der überwältigenden Fakten- und Argumenten-Lage, die dafür spricht. Mit Sicherheit, wäre eine Ablehnung aus rein ideologischen Gründen, auch aus der Sicht Ihrer Wähler*innen und Wähler bedauerlich. Wir freuen uns, wie gesagt, sehr und ich weiß, dass auch die Vertretungen des DGB etc. mit Spannung auf die heutige Abstimmung warten und darauf, dass nach so vielen Jahren mit links etwas passiert.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!